25.11.2024: Zerfallserscheinungen der Demokratie - Was bedroht unsere Demokratie?

1. Begrüßung und Einführung (Winfried Thaa)

Auf den ersten Blick könnte man meinen, wir hätten mit unserem heutigen Thema, der Bedrohung der Demokratie, hellseherisch den Ausgang der US-Wahl und das Ende der Ampelkoalition in Deutschland vorweggenommen. Das stimmt so allerdings nicht. 

Das Thema steht bereits länger fest und an Büchern zum Niedergang der Demokratie herrscht seit vielen Jahren kein Mangel. Bereits in den 1990ern, kaum dass die liberalen Demokratien des Westens ihren Sieg über den sowjetischen Kommunismus gefeiert hatten, erschienen erste Bücher, die den Niedergang oder das Ende der Demokratie voraussagten. So lautete 1994 der Titel eines Buches von Jean Marie Guéhenno „Das Ende der Demokratie“. Am einflussreichsten unter den frühen Abgesängen auf die Demokratie war dann der britische Politikwissenschaftler Colin Crouch mit seinem Buch „Post-Democracy“ von 2004. Er behauptete, mit dem Ende des keynesianischen Ausgleichs zwischen Arbeit und Kapital und dem Siegeszug des Neoliberalismus hätten wir es im Westen nur noch der Fassade nach mit Demokratien zu tun.

Diese frühen Abgesänge auf die Demokratie stießen noch auf vielfachen Widerspruch. Heute, nach dem seit Jahren anhaltenden Aufstieg des Rechtspopulismus in Europa und den Wahlerfolgen Trumps, häufen sich die Endzeitdiagnosen und Kassandrarufe. Um nur drei Titel der letzten Zeit zu nennen: Was stimmt nicht mit der Demokratie? Von Klaus Dörre u. a. 2019, Die demokratische Regression von Arnim Schäfer und Michael Zürn 2021 oder Demokratiedämmerung von Veith Selk, das 2023 erschienen ist und schon die 3. Auflage erfahren hat.

Es scheint Endzeitstimmung zu herrschen und nach meinem Eindruck finden sich auch immer weniger Verteidiger der Demokratie. Und nun das 2024 auf Deutsch (engl. 2022) erschienene Buch Zerfallserscheinungen der Demokratie, mit dem wir uns heute beschäftigen. Die Autoren lassen an Prominenz nichts zu wünschen übrig: Craig Calhoun ist ein amerikanischer Soziologe, der Direktor der „London School of Economics“ war und zuvor für seine Studien über die Anfänge der Arbeiterbewegung und die chinesische Studentenbewegung 1989 bekannt wurde. Charles Taylor ist einer der bekanntesten politischen Philosophen der Zeit, Kanadier, mittlerweile 93 Jahre und in seiner internationalen Wirkung durchaus mit Autoren wie Jürgen Habermas oder John Rawls zu vergleichen. Er ist u. a. Autor von Büchern über Hegel, Multikulturalismus oder im 1996 erschienenen Quellen des Selbsts zur Geschichte der neuzeitlichen Identität. Dilip P. Goankar schließlich, ein amerikanischer Professor indischer Abstammung, in Deutschland weniger bekannt als die beiden anderen, hat mehrere Bücher im Bereich der sog. Cultural Studies veröffentlicht, etwa 2007 Cultures of Democracy.

Das Besondere am Buch der drei Autoren, vor allem im Vergleich zu der von mir genannten Endzeitliteratur, liegt nicht darin, dass sie ungewöhnlich prominent sind. Interessanter ist, dass sie nicht am Überbietungswettbewerb der verschiedenen Untergangsszenarien teilnehmen, sondern sich darum bemühen, Auswege aufzuzeigen und Ansatzpunkte für eine Wiederbelebung der Demokratie benennen. Die Autoren sind der kommunitaristischen Richtung im politischen Denken zuzuordnen. Sie fragen nach Möglichkeiten, soziale Ungleichheit zu verringern, Solidarität und Gemeinwohlorientierung zu stärken und Bürgern wieder mehr Einfluss auf die Gestaltung ihres Zusammenlebens zu geben. Ich vermute, dass Wolfgang Hesse sich nicht zuletzt deshalb zur Vorstellung dieses Buch entschieden hat. 

 

2. Buchvorstellung ‚Zerfallserscheinungen der Demokratie‘ (Wolfgang Hesse)

Zur Präsentation 

 

3. Diskussionsbeiträge (Protokoll Karl Schneiderhan)

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