24.02.2025: Die Wahl ist entschieden – Die Herausforderungen bleiben
1. Begrüßung und Einführung (Karl Schneiderhan)
Karl Schneiderhan begrüßt die Teilnehmer und erläutert, dass in der heutigen Veranstaltung nur ausgewählte Aspekte der gestrigen Bundestagswahl behandelt werden können, da Wahlergebnisse und Wahlanalysen erst gestern im Laufe des Abends, zum Teil erst heute früh vorlagen und daher eine gründliche Vorbereitung kaum möglich war.
2. Impuls (Winfried Thaa)
3. Diskussion und Beiträge der Teilnehmer (Wolfgang Hesse)
- Wahlen werden von Mehrheiten entschieden. Junge Menschen wenden sich von der politischen Mitte ab, weil sie dort keine Angebote für ihre Zukunft sehen. Bereits bei der Europawahl, den Landtagswahlen in THÜ, SN und BB sowie jetzt bei der Bundestagswahl hat ein großer Teil der jüngeren Wähler die AfD gewählt.
- Viele haben bei dieser Wahl offen gesagt, dass sie AfD wählen, die AfD wurde aus der Schmuddelecke geholt, Frau Weidel hat bei ihren Auftritten sehr gepunktet.
- Ein wichtiges Thema bei der Bundestagswahl war die Ampel. Das negative Image der Ampel hat der AfD und der CDU geholfen und negative Stimmung verbreitet.
- Wer Politik macht, muss die Menschen mitnehmen. Der FDP hat die Wahlrechtsreform nicht geholfen.
- Der Wahlkampf war zu sehr auf Personen zugeschnitten. Die Spitzen-Leute sind nicht die Partei, eine zu starke Personalisierung ist gefährlich.
- Der Wahlkampf der Linken war sehr erfolgreich, weil die Partei auf die konkreten Sorgen und Anliegen der Menschen eingegangen ist (Haustürwahlkampf ohne großen Medienrummel).
- Die Linke hat einen sehr guten Wahlkampf geführt und gezielt verschiedene Wählergruppen angesprochen. Die Aktion „Silberlocke“ hat die eher älteren Wähler angesprochen. Frau Reichinnek hat mit ihrem schrillen, bunten Auftreten und ihren vielen Social-Media Followern vor allem junge Wähler erreicht. Und Jan van Aken war der ruhige, unaufgeregte Gesprächspartner in Talkshows mit einer klaren Meinung.
- Viele Menschen sagten dieses Mal, sie wüssten nicht, wen sie wählen sollten. Möglicherweise haben auch die vielen Anschläge vor der Wahl für Verunsicherung gesorgt.
- Die Empörungskultur greift um sich. Auslöser wie das D-Day-Papier der FDP und der Tabubruch von Merz, der für sein Migrationskonzept Stimmen der AfD in Kauf genommen hat, sorgten für viel Aufregung. Die von Merz herbei geführte Abstimmung hat der CDU eher geschadet, während die Rede von Frau Reichinnek im Bundestag die Menschen mitgerissen hat.
- Wer trägt die Verantwortung für die von Merz als falsch kritisierte Migrationspolitik der Ampel? Es war die Migrationspolitik der CDU unter Merkel, die die AfD großgemacht hat. Insofern hatte Merz in dieser Frage einen schweren Stand. Trotz der konservativen Ausrichtung der Politik von Herrn Merz konnte die AfD weiterwachsen.
- Auch in Rottenburg haben wir Probleme mit Migration, es gibt durchaus soziale Brennpunkte.
- Die rot-grüne Zeitungskultur ist eher migrationsfreundlich, aber junge Leute lesen kaum noch Zeitung.
- Merz und die Union haben sich aus wahltaktischen Gründen nicht auf den Vorschlag eingelassen, mit dem alten Bundestag noch die Schuldenbremse zu reformieren. Jetzt könnten sie angesichts der Stärke von AfD und der Linken keine Zweidrittelmehrheit mehr dafür finden. Denn die Linke ist zwar gegen die Schuldenbremse, wird neuen Schulden für die Bundeswehr aber kaum zustimmen.
- Ein großer Teil der Arbeiter hat AfD gewählt.
- Wir haben nicht nur verschiedene kulturelle Milieus, sondern die Wirtschaftskrise macht sich heute schon konkret bemerkbar. In Horb und Freudenstadt haben 2 große Unternehmen Kurzarbeit und Stellenabbau angekündigt.
- Der Erfolg der AfD speist sich aus einem wachsenden Unsicherheitsgefühl der Menschen. Darauf hat die Politik wenig Einfluss. Der Zusammenhalt der Parteien der Mitte stärkt AfD und Linke als echte Oppositionsparteien, während innerhalb der Parteien der Mitte kaum eine wirkliche Opposition zu finden ist.
- Ein Blick in den Alltag, z. B. an Schulen, zeigt, dass dort 40 - 50 % der Schüler einen Migrationshintergrund haben. Lehrer werden bedroht und geben ihren Beruf vorzeitig auf. Das gilt auch für Tübingen, wo es an einer Schule sogar einen Vorfall mit einer Messerattacke gab.
- Es war ein Fehler, dass man bis vor kurzem die realen Probleme der Migration nicht benennen durfte, ohne als AfD-Sympathisant gebrandmarkt zu werden. Erst wenn man die realen Probleme ins Auge fasst und nach konkreten Lösungen sucht, lässt sich die Integration verbessern.
- Es lohnt sich, einen Blick auf die unterschiedlichen Wahlergebnisse der AfD in den einzelnen Bundesländern zu werfen (Zweitstimmen). Dass der Gesamtstimmenanteil der AfD nicht noch höher ausgefallen ist, verdanken wir den norddeutschen Bundesländern, in denen die AfD unter dem Bundesdurchschnitt abgeschnitten hat.
- Der AfD-Stimmenanteil in der Stadt Tübingen beträgt lediglich 6,5 %.
- In der Stadt Rottenburg hat die AfD in zahlreichen Wahlbezirken, insbesondere in mehreren Stadtteilen gegenüber dem Bundesdurchschnitt überdurchschnittliche Stimmenanteile erreicht, zum Teil über 30%, in Schwalldorf 36,2% der Zweitstimmen.
- Es gab immer schon viele Menschen mit einer rechten Einstellung, diese Menschen waren aber eher die Nichtwähler, die nun die AfD wählen. Rechte Parteien schöpfen aus dem Bereich der bisherigen Nichtwähler, wie die Wählerwanderungen belegen.
4. Koalitionsoptionen (Wolfgang Hesse)
Wolfgang Hesse erläutert zunächst, wie aus den Stimmanteilen einer Partei bei der Bundestagswahl die Zahl ihrer Sitze im Parlament errechnet wird. Da es nur eine mögliche Koalitionsoption (CDU/CSU mit SPD) gibt, werden auch nur deren Sitzanteile gezeigt. Zum Abschluss wird diese Koalition nach vier Faktoren (politisch, psychologisch) von Professor Brettschneider, Universität Hohenheim, bewertet. Danach scheint eine Koalition dieser beiden Parteien realistisch.
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